- Für die Bemessung des Grades der Berufsunfähigkeit darf nicht nur auf den Zeitanteil einer einzelnen Tätigkeit abgestellt werden, die der Versicherungsnehmer nicht mehr ausüben kann (hier: Tragen schwerer Lasten), wenn es sich hierbei nicht um eine abtrennbare Einzelverrichtung handelt, sondern diese untrennbarer Bestandteil eines beruflichen Gesamtvorgangs ist.
- Ein wesentlicher Bestandteil der von der Klägerin konkret ausgeübten Berufstätigkeit, wie sie in gesunden Tagen ausgestaltet war, war neben Reinigungsarbeiten und einigen weiteren untergeordneten Tätigkeiten wie z.B. Blumenpflege der vollständige Betrieb der kanzleieigenen Kantine. Dazu gehörte nach dem von der Klägerin vorgelegten Anstellungsvertrag und ihrem Prozessvorbringen die vollständige und eigenständige Planung und Durchführung des Mittagessens (für ca. 15-30 Personen) sowie die Durchführung des dafür notwendigen Einkaufs.
- Nach den Angaben der Klägerin bedingte dies angesichts des ihr vorgegebenen Budgets von lediglich 3 € bis 4 € pro Tag und Mitarbeiter sowie des zur Verfügung stehenden Zeitrahmens bei durchschnittlich 200 Essen pro Woche einen wöchentlichen Einkauf im Großmarkt, in dem viele Lebensmittel wie Milch, Kartoffeln, Reis und Mehl nur in Großpackungen von mehr als 5 bis 10 kg zu erwerben waren; zum Beispiel seien Kartoffeln sackweise ab 25 kg beschafft worden, die Einkäufe hätten dann in der Kanzlei vom Fahrzeug über eine Treppe in den Keller gebracht werden müssen, wobei dieser Weg 15- bis 20-mal zurückzulegen gewesen sei.
- Dieser wöchentliche Einkauf ist als untrennbarer Bestandteil der von der Klägerin arbeitsvertraglich geschuldeten Versorgung der Mitarbeiter durch die von ihr selbständig zu führende Kantine anzusehen. Soweit der Klägerin die notwendigen Einkäufe nicht mehr möglich gewesen sein sollten, war ihr auch die weitere Führung der Kantine nicht mehr möglich. Sie hätte dann ihre arbeitsvertraglichen Pflichten in diesem Bereich vollständig nicht mehr erfüllen können. Der Sachverständige und ihm folgend das Berufungsgericht hätten deshalb nicht nur danach fragen dürfen, welchen zeitlichen Anteil der Einkauf an ihrer Arbeitsleistung hat, sondern auch in den Blick nehmen müssen, in welchem Ausmaß sich ein gegebenenfalls anzunehmender Wegfall der gesamten Essenszubereitung auf ihre Berufstätigkeit in ihrer konkreten Ausgestaltung auswirkt.