Verjährung von Teilansprüchen aus Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung
nach Einstellung der Leistungen durch den Versicherer im Nachprüfungsverfahren wegen gesundheitlicher Verbesserung
und nur teilweiser Geltendmachung von Ansprüchen im Vorprozess
Im Vorprozess (2014 bis 2020) machte die VN Leistungen wegen Berufsunfähigkeit geltend, beschränkte sich hierbei aber auf die rückwirkende und zukünftige Zahlung von Berufsunfähigkeitsrenten durch den VR. Zur Begründung führte die VN aus, der VR habe zu Unrecht die Leistungen im Nachprüfungsverfahren wegen vermeintlicher gesundheitlicher Verbesserung eingestellt. Der VR wurde nach Einholung mehrerer medizinischer Gutachten antragsgemäß verurteilt, die geltend gemachten Leistungen über den Zeitpunkt der Leistungseinstellung hinaus zu erbringen.
In dem im Jahr 2021 vor dem LG Mannheim geführten Folgeprozess holte die VN die Geltendmachung der Erstattung in der Zwischenzeit gezahlter Versicherungsbeiträge und der zukünftige Beitragsbefreiung nach. Das LG wies die Klage mit der Begründung ab, dass die streitgegenständlichen Ansprüche verjährt seien.
Orientierungssätze:
- Maßgeblich für die Verjährung von Berufsunfähigkeitsleistungen ist das sogenannte Stammrecht. Das bedeutet, dass die Leistungen nicht abschnittsweise verjähren, sondern die Verjährungsfrist für alle Folgeleistungen beginnt, wenn die Leistungen erstmals fällig werden und dass der Gesamtanspruch eines geltend gemachten Versicherungsfalles insgesamt verjährt.
- Der Gesamtanspruch (das Stammrecht), der dem Versicherungsnehmer einer selbstständigen oder als Zusatzversicherung abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung aus einem Versicherungsfall zusteht, unterliegt der regelmäßigen Verjährung im Sinne des § 195 BGB.
- Das Stammrecht entsteht nach § 14 VVG mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und Umfang der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen. Der Anspruch wird fällig mit endgültiger Ablehnung. Dies gilt auch dann, wenn im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens die Leistungen durch den Versicherer eingestellt werden.
- Die Verjährung wurde nicht durch die Erhebung der Klage in dem Vorprozess gehemmt. Denn diese vorgehende Klage erfasste weder das Stammrecht noch die Ansprüche auf Beitragsfreistellung aus den Versicherungen.
- Eine Klageerhebung in einem Vorprozess hemmt die Verjährung nur hinsichtlich der dort geltend gemachten Einzelansprüche und nicht auch hinsichtlich des Stammrechts. Soll die Verjährung des einheitlichen Gesamtanspruchs durch eine Klageerhebung gehemmt werden, so reicht hierzu eine nur Rentenleistungen umfassende Teilklage nicht aus, wenn der Gläubiger die Möglichkeit hat, hinsichtlich des ganzen vorhersehbaren Schadens eine Klage auf künftige Leistung oder eine Feststellungsklage zu erheben. Die Hemmung tritt vielmehr in einem solchen Umfang nur in dem Umfang ein, in dem die Ansprüche rechtshängig gemacht worden sind.
- Dass inzident bei der Prüfung der Begründetheit der Rentenzahlungsansprüche über den Eintritt der Berufsunfähigkeit entschieden wurde, bedeutet nicht, dass das Stammrecht, also der Gesamtanspruch, Streitgegenstand geworden ist. Die Frage, ob Berufsunfähigkeit auch über den 31.08.2013 hinaus bestand, ist lediglich Vorfrage sowohl der Teilansprüche als auch für eine Feststellungsklage oder Klage auf zukünftige Leistungen zur Geltendmachung des Stammrechts. Den prozessualen Anspruch bestimmt eine Vorfrage nicht.