1. Die Anfechtungserklärung ist innerhalb der Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB erfolgt. Dass der Versicherer in seiner Anfechtungserklärung nur einige verschwiegene Behandlungen und Diagnosen herausgegriffen hatte, ist unschädlich, da der Versicherer sich auch – wie hier – innerhalb der Jahresfrist in der Klageerwiderung auf die übrigen verschwiegenen Untersuchungen und Behandlungen berufen konnte.
2. Arglistiges Handeln ist anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer gefahrerhebliche Umstände kennt, sie dem Versicherer wissentlich verschweigt und dabei billigend in Kauf nimmt, dass dieser sich eine unzutreffende Vorstellung über das Risiko bildet und dadurch in seiner Entscheidung über den Abschluss des Versicherungsvertrags beeinflusst werden kann. Der Begriff der Arglist umfasst nicht nur ein in betrügerischer Absicht getragenes Handeln, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens“ reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss. Voraussetzung ist aber immer, dass dem Versicherungsnehmer bei der Beantwortung der Fragen nach dem Gesundheitszustand oder nach früheren Behandlungen auch bewusst ist, dass die Nichterwähnung der nachgefragten Umstände geeignet ist, die Entschließung des Versicherers über die Annahme des Antrags zu beeinflussen. Dabei gibt es keinen allgemeinen Satz der Lebenserfahrung des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung von Gesundheitsfragen immer oder nur in der Absicht geschieht, den Willen des Versicherers entsprechend zu beeinflussen. Auf Arglist als innere Tatsache kann regelmäßig nur auf der Grundlage von Indizien geschlossen werden. Für ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers spricht in der Regel, wenn er schwere, chronische oder schadengeneigte oder immer wieder auftretende zahlreiche oder dauerhafte Erkrankungen oder gesundheitliche Beschwerden verschweigt oder solche die zu erheblichen Einschränkungen seines Alltags geführt haben oder die ihm offensichtlich erheblich für das versicherte Risiko erscheinen mussten. Hat der Versicherungsnehmer gewisse Umstände – auch Untersuchungen und ärztliche Behandlungen – stark verharmlost oder harmlosere Umstände als die verschwiegenen angegeben, so folgt daraus, dass er sich der Gefahrerheblichkeit tatsächlich bewusst war.
3. Liegen objektive Falschangaben vor, so ist es Sache des Versicherungsnehmers, substantiiert plausibel zu machen, warum und wie es zu diesen objektiv falschen Angaben gekommen ist.
4. Für die Arglist spielt es keine Rolle, dass dem Versicherungsnehmer die jeweiligen medizinischen Diagnosen nicht bekannt waren. Die Darstellung des Versicherungsnehmers, der Versicherungsvertreter habe auf seine Angaben hin geäußert, dass derartige Alltagsbeschwerden normal seien, lässt nur den Schluss zu, dass er das tatsächliche Ausmaß der ärztlich behandelten Beschwerden im Antragsgespräch stark verharmlost hat. Dass der durch das Landgericht vernommene und über das Beweisthema mit der Ladung informierte Versicherungsvertreter sich auf den Standpunkt gestellt hat, er habe Eintragungen im Antragsformular unterlassen bzw. für entbehrlich halten dürfen, da der Versicherungsnehmer nichts Anhaltendes oder Ernsthaftes erwähnt und bei Antragstellung auch keine Beschwerden mehr gehabt habe, schließt Arglist des Versicherungsnehmers schon deshalb nicht aus, weil diese Einschätzung auf den verharmlosenden Angaben des Versicherungsnehmers beruhte.
Es kann dem Versicherungsinteressenten, der gefahrerhebliche Umstände arglistig verschleiert, nicht zum Vorteil gereichen, dass der Versicherer eine an sich gebotene Nachfrage unterlässt.