Anspruch auf Herabsetzung eines Prämienzuschlags nach erfolgreich abgeschlossener Behandlung einer Tumorerkrankung, Wegfall eines erhöhten Krebsrisikos, aber fortgesetzter Nachsorgeuntersuchungen?
Gerade in den letzten Jahren vertreten wir vermehrt Versicherer (VR) im Zusammenhang mit einer vom jeweiligen Versicherungsnehmer (VN) geforderten Prämienreduktion gemäß § 41 S. 1 VVG. Erstaunlicher Weise gibt es hierzu nur wenige veröffentlichte Entscheidungen. Nach § 41 S. 1 VVG kann der VN die angemessene Herabsetzung der Prämie verlangen, wenn die gefahrerhöhenden Umstände, die zu einer höheren Prämie geführt haben, weggefallen oder bedeutungslos geworden sind.
Sachverhalt:
Die Parteien schlossen im Jahr 2002 einen Versicherungsvertrag über eine Private Krankheitskostenversicherung und eine Krankentagegeldversicherung. Sie vereinbarten einen Risikozuschlag im ambulanten Tarif (zuletzt in Höhe von 70,78 € monatlich). Der VN wurde 6 Jahre vor Vertragsschluss wegen einer Seminomerkrankung, Stadium 1 (Hodenkrebs) operiert und mit einer Chemotherapie erfolgreich behandelt.
Der VN verlangt vom VR den Wegfall des Prämienzuschlags mit der Begründung, dass seit 1996 keine Tumorerkrankung mehr aufgetreten sei und auch in Zukunft kein erhöhtes Risiko eines Rezidivs bestehe. Die Herabsetzung der Prämie lehnt der VR unter Hinweis auf die Kosten jährlich durchgeführter Kontrolluntersuchungen ab.
Ein vom LG Mannheim eingeholtes urologisches Gutachten kommt zum Ergebnis, dass bei einem Seminom im Stadium 1 nach Durchführung einer Chemotherapie ein Wiederauftreten der Erkrankung nach mehr als 10 Jahren extrem unwahrscheinlich sei. Nach den aktuellen medizinischen Leitlinien seien auch keine Nachsorgeuntersuchungen mehr erforderlich; der VN könne als geheilt angesehen werden.
Rechtliche Würdigung:
Das LG Mannheim sah die Voraussetzungen des § 41 S. 1 VVG dennoch als nicht gegeben an.
Die Beurteilung, ob der gefahrerhöhende Umstand, der zur höheren Prämie geführt habe, weggefallen sei, richte sich nach den Risikoprüfungsgrundsätzen des VR zum Zeitpunkt des Änderungsverlangens des VN. Maßgebend sei, welche Prämie sich ergebe, wenn das vom Sachverständigen festgestellte nicht erhöhte Risiko eines Rezidivs der Risikobewertung zugrunde gelegt werde. Wäre nach dem zugrunde gelegten Prämienberechnungssystem des VR keine Gefahrerhöhung angenommen worden, müsse der insoweit berechnete Risikozuschlag entfallen. Wäre ein Risikozuschlag zwar erhoben worden, aber in geringerer Höhe, so könne fortan nur der verringerte Risikozuschlag zugrunde gelegt werden. Nach diesen Grundsätzen könne der VN keine Herabsetzung der Prämie verlangen, weil die Risikoprüfungsgrundsätze des VR auch dann den erhobenen Risikozuschlag – in voller Höhe - vorsehen, wenn die zugrunde liegende Seminomerkrankung zwar erfolgreich therapiert sei und keine statistisch erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer neuen Tumorerkrankung mehr bestehe, aber die – vorliegend gegebene – Möglichkeit einer erhöhten Inanspruchnahme von Nachsorge- bzw. Vorsorgeuntersuchungen und damit verbundener Kosten bestehe. Der VN könne auch keine teilweise Herabsetzung der Prämie verlangen, weil die Prämienkalkulation des VR den Risikozuschlag in voller Höhe schon im Hinblick auf das erhöhte Kostenrisiko aufgrund von Kontrolluntersuchungen vorsehe.